Igor Levit - Fantasia (2CD)
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"Auf seinem neuen Doppelalbum „Fantasia“ spielt Igor Levit gleich vier paradigmatische Werke aus einem Zeitraum von fast zwei Jahrhunderten, von 1720 bis 1910. „Freiheit und gleichzeitige Strenge“ sind für ihn bei der ungewöhnlichen „Chromatischen Fantasie und Fuge“ von Bach, der weit in die Zukunft blickenden, spannungsgeladenen h-Moll Sonate von Liszt (mit deren Aufführung Igor Levit in diesen Monaten weltweit Erfolge feiert), Busonis Bach-Fortschreibung „Fantasia contrappuntistica“ wie auch Alban Bergs einziger Sonate charakteristisch.
„Es sind Werke, die letzte Dinge verhandeln, weil sie das Klavier als ein Medium benutzen – und nicht nur als ein Klavier. Für mich ist diese Einspielung der Fantasia contrappuntistica jetzt so etwas wie der Abschluss von meinem Repertoirepfad der letzten Jahre. Das war es, was auf meiner Liste noch gefehlt hat.“
Die Fantasia contrappuntistica gilt als Busonis brillantes Opus Summum. Mehrere Versuche und mehrere Fassungen entstanden zwischen 1909 und 1912. Geplant war ein Orchesterwerk, mit einer Einleitung, entwickelt aus dem Choralpräludium „Meine Seele bangt und hofft zu Dir“. Daraus wurde dann das Preludio corale, mit Variationen. Die erste Fassung entstand in nur zwei Monaten in New York und wurde veröffentlicht unter dem Titel „Grosse Fuge, contrapuntal fantasia on Johann Sebastian Bach’s last unfinished work.“ So ist der Konflikt zwischen Freiheit und Regel, Einfall und Fortschreitung, Fantasie und Fuge bereits im Titel gebannt. Die letzte zwölfteilige Fassung ist zwar notiert für Klavier. Doch Vortragsbezeichnungen wie „Quasi trombe dolci“ oder „quasi arpa“ verweisen zurück auf die orchestrale Grundidee. Die Struktur ist komplex, die Tonalität erweitert.
Busonis Fantasia gehöre zu dem, was Igor Levit „Larger-Than-Life-Stücke“ nennt: charismatische Zukunftsmusiken, wie die Hammerklaviersonate oder die Goldbergvariationen. Pianistische Herausforderungen, wie Frederic Rzewskis „People United“ oder Ronald Stevensons „Passacaglia“. Oder: Franz Liszts h-Moll-Sonate. Gegenstück zur Busoni-Fantasia, vollendet 1854, gewidmet dem zu diesem Zeitpunkt bereits hinter den Mauern der Anstalt in Endenich verschwundenen Robert Schumann, gehört sie zu den Gipfelwerken pianistischer Brillanz, die das Klavier letztlich „als Medium“ benutzen für „letzte Dinge“. Gemeint ist nicht, dass die Sonate, wie Liszts Kritiker immer mal wieder vermuteten, ein geheimes Programm transportiert, ganz im Gegenteil. Es handelt sich um ein Werk jenseits der Vorstellungskraft, eine einsätzige „Fantasie-Sonate“ oder auch „Sonaten-Fantasie“, mit hörbar klarer Binnengliederung in drei oder vier Einzelsätze, wie sie ebenfalls Schuberts Wandererfantasie oder Robert Schumanns C-Dur-Fantasie aufweisen.
Auch die Klaviersonate op.1 von Alban Berg steht in der Tonart h-Moll, gleicherweise einsätzig. Birgt jedoch in sich, anders als die erwähnten Hybriden der Sonaten-Fantasien oder Fantasie-Sonaten keine versteckte Mehrsätzigkeit. Vielmehr handelt es sich bei diesem Klavierklangstück „nur“ um den ersten Satz zu einer Sonate. Und zwar in akademisch definierter Sonatenhauptsatzform, mit Da Capo wiederholter Exposition, Durchführung und Reprise, geradezu schulmäßig entwickelt aus „minimalem Motivmaterial“. Entstanden um 1907/1908 herum, nach mehreren skizzenhaften Anläufen, verdankt sich diese Sonate dem Kompositionsunterricht bei Arnold Schönberg.
Igor Levit schätzt diese Sonate gerade wegen ihrer Lakonie, aber auch wegen ihres kompromisslosen Espressivo. Er sagt: „Anders als Liszt findet Berg aus der Schwärze des h-Moll am Ende nicht heraus.“ Für Improvisation indes sei bei der schier Mahlerschen Fülle von Spielanweisungen kein Platz: „Ja, ich halte mich daran, so gut, wie es geht. Habe aber trotzdem natürlich meine Freiheit dabei. Ich spiele Forte, aber es ist mein Forte: an diesem Tag, in diesem Raum, in diesem Kontext!“
Am Anfang steht ein Meisterwerk in d-Moll, das in seiner vollendeten Konvergenz von subjektiver Idee und formaler Regelhaftigkeit zum Sporn und Muster wurde für sämtliche Grenzüberschreitungen künftiger Zukunftsmusiker: die Chromatische Fantasie BWV 903 von Johann Sebastian Bach. Es gibt kein Autograph dazu. Diese Fantasie ist eine notierte Improvisation. Für heutige Interpreten eine besondere Herausforderung: Wie verbindlich ist diese Notentext? Igor Levit lacht, er hält es, was das betrifft, wieder mit Busoni: „Das ist eines meiner Lieblings-Bilder aus seiner „Ästhetik“: „Das Aufschreiben von Noten ist schon Transkription von Gedachtem.“ Wie kann ich da als Interpret glauben, diese schwarzen Punkte seien schon das letzte Wort? Ab dem ersten Ton reagiert man auf das, was gegeben ist. Das ist wie der Aufschlag beim Tennis, so hat das Fred Hersch einmal gesagt. Mich erinnert der Anfang der Chromatischen Fantasie, diese wilde Improvisation, beinahe atonal, an den Beginn des „Concert by The Sea“ von Erroll Garner in Carmel 1955. Man packt den Stier bei den Hörnern und legt los, mit hundert Sachen.“
Ergänzt wird das Programm von vier kleineren Stücken, die für Igor Levit „Eingänge zeigen, die ich intuitiv für richtig halte“, wie er sagt. Das sind das Arrangement von Alexander Siloti von Bachs populärer Air aus der dritten Orchestersuite, Liszts Bearbeitung von Schuberts Lied „Der Doppelgänger“, Busonis „Nuit de Noël“ (was möglicherweise von einem gleichnamigen, makabren französischen Stummfilm inspiriert wurde) und ein frühes Klavierwerk, natürlich in h-Moll, von Alban Berg. "
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